Sicher ankommen Winterfahrtipps von den GTÜ-Experten
(Mynewsdesk) Viele fühlen sich beim Autofahren im Winter unsicher. Nebel, Schnee und Glatteis fordern in der Tat dem Fahrer einiges ab. Die Prüf- und Sachverständigenorganisation GTÜ Gesellschaft für Technische Überwachung hat Tipps zusammengestellt, damit die kalte Jahreszeit nicht zur Rutschpartie wird.
Wie verhalte ich mich …
… bei unvorhersehbaren Fahrbahnverhältnissen?
Die unfallträchtigsten Situationen resultieren aus Überraschungen. Eben war die Fahrbahn noch feucht und plötzlich bedeckt eine zentimeterdicke Laubschicht die Spur in der Kurve, es hat sich Reif gebildet oder ein letzter Schneerest hat im ständig abgeschatteten Streckenabschnitt auch bei Plusgraden noch durchgehalten. Seien Sie darauf vorbereitet! Rechnen Sie bei Temperaturen um den Gefrierpunkt damit, dass die Kraftübertragung zur Fahrbahn urplötzlich stark vermindert wird; insbesondere in Waldschneisen, auf Brücken und in Senken, wo die Straße über Gebühr auskühlen kann. Ein Außenthermometer mit Eiswarner liefert rechtzeitig wichtige Informationen, denn schon ab + 3 Grad Celsius kann es bereits kritisch werden. Fahren Sie vorausschauend und mit angepasster Geschwindigkeit.
… beim ersten Schnee?
Meist erwischt es einen kalt; abends hat es noch geregnet und morgens liegt zentimeterhoch die weiße Pracht auf der Fahrbahn. Die Routine vom letzten Winter ist längst dahin. Deshalb lohnt es sich, umsichtig ein paar Proberunden auf einem leeren Parkareal zu drehen und vorsichtige Bremsmanöver zu üben. Schnell bekommt man wieder ein Gefühl für die reduzierte Traktion beim Geradeausfahren und für die schwachbrüstige Seitenführung in Kurven. Wo es ungefährlich ist und reichlich Platz zur Verfügung steht, sollte man sich bei geringem Tempo ruhig mal an die Grenzen heranwagen. Wie weit schiebt das Fahrzeug schon bei der Vollbremsung aus 30 km/h? Bleibt die Lenkfähigkeit erhalten? Wann und wie bricht der Wagen bei Kurvenfahrt aus? Erfahrungen, die im Ernstfall Gold wert sind.
… beim Anfahren?
Mit guten Winterreifen gibt es in der Ebene wohl kaum Probleme. Allenfalls im tiefen Neuschnee lohnt es sich, ein paar mal vor- und zurückzusetzen, um eine Fahrspur zu planieren und um genügend Schwung für die Weiterfahrt zu bekommen. Anders sieht es an Steigungen aus. Da kann schon das zugeschneite Anlieger-Sträßchen morgens zum echten Hindernis werden. Vor allem gilt es, gefühlvoll anzufahren – schiere Motorkraft und hohe Drehzahlen lassen allenfalls die Räder durchdrehen. Setzen Sie das Fahrzeug versuchsweise im zweiten Gang in Bewegung, wenn nötig mit dosiert schleifender Kupplung. Fahrzeuge mit Automatikgetriebe bieten hier Vorteile, insbesondere, wenn sich eine Winter-Anfahrübersetzung zuschalten lässt, über die der Wagen ebenfalls mit höherer Übersetzung anrollt. Wenn nichts mehr geht, versuchen Sie kurzzeitig die Radlasten zu erhöhen: Bei frontgetriebenen Fahrzeugen geschieht dies schon, wenn die Steigung im Rückwärtsgang in Angriff genommen wird; bei heckgetriebenen Wagen laden Sie für ein kurzes Stück Weges vielleicht etwas Ballast zu. Dann greifen die Reifen besser.
… beim Fahren auf geschlossener Schneedecke?
Bleiben Sie locker! Natürlich ist mit geringer Traktion und verminderter Seitenführung zu rechnen, deshalb sind ein angepasstes Tempo und ein großer Sicherheitsabstand umso wichtiger. Vermeiden Sie abrupte Manöver: kein heftiges Gasgeben oder Bremsen, keine wilden Lenkbewegungen.
Fahren Sie besonders vorausschauend, behalten Sie Verkehrssituation und Streckenverlauf ständig im Auge. Und wenn es der Verkehr gerade zulässt, liefern zwischenzeitliche vorsichtige Traktionsprüfungen – etwa durch leichtes Antippen der Bremsen – durchaus Rückschlüsse darüber, wie die Reifen momentan greifen.
… in Kurven?
Spektakuläre Drifts sind die Domäne von Rallye-Profis. Für den Allwetter-Fahrer aber gilt: lieber langsam hinein in die Kurve und sicher wieder heraus, statt mutig die Biegung angegangen mit anschließender Verabschiedung durchs Gebüsch. Reifen können – egal auf welcher Fahrbahnoberfläche – immer nur eine maximal mögliche Kraft übertragen. Und diese addiert sich aus den einzelnen Kraftkomponenten in Längs- und in Querrichtung. Auf Schnee fällt diese übertragbare Summenkraft zudem erheblich kleiner aus als beispielsweise auf trockener Straße, so dass für die Seitenführung (Querkraft) kaum mehr Spielraum bleibt, wenn gleichzeitig Kräfte in Längsrichtung wirken (etwa beim Bremsen oder Beschleunigen). Konsequenz: Erfordert die Kraftübertragung in Kurven die volle Seitenführung, dürfen keine Kräfte am Rad in Längsrichtung wirken! Wenn es eng wird, daher Kupplung treten oder die Automatik auf „Neutral“ schalten. Die unterschiedlichen Antriebskonzepte zeigen zudem in der Praxis verschiedene Eigenschaften.
Frontgetriebene Fahrzeuge schieben beim Erreichen der Haftgrenze über die Vorderachse zum Kurvenaußenrand, sie untersteuern . Auch hier gilt: Kupplung treten und so die maximal übertragbare Kraft der Lenkung überlassen. Eventuell die Lenkung ein klein wenig zurücknehmen, um damit den Schräglaufwinkel an den Vorderrädern zu verringern. Zu große Schräglaufwinkel überfordern nämlich ebenfalls die Seitenführung. Dieser Effekt lässt sich leicht mit einer Übung dokumentieren: Fahren Sie auf einem verschneiten leeren Parkareal eine enge Kurve und schlagen Sie das Lenkrad stark und schnell ein – der Wagen wird geradeaus weiter schieben. Drehen Sie aber das Lenkrad etwas zurück, folgt er plötzlich der vorgegebenen Richtung.
Fahrzeuge mit Heckantrieb neigen zum Übersteuern – das heißt, ihr Heck drängt in zu schnell angegangenen Kurven nach außen. Wer in dieser Situation weiter Gas gibt, hat meist verloren. Also: Gas weg (besser Kupplung treten) und vorsichtig gegenlenken.
Allradler reagieren bei verminderter Traktion eher neutral und schieben bei entsprechender Fahrwerksauslegung über alle vier Räder zum Kurvenaußenrand. Tendenziell hat sich aber auch hier eine eher untersteuernde Abstimmung durchgesetzt, denn dieser Fahrzustand ist einfacher zu beherrschen und kündigt rechtzeitig den Grenzbereich an.
… beim Bergabfahren?
Piano, piano – lautet die richtige Devise. Ist der Streckenverlauf bekannt oder mit Überraschungen behaftet? Lassen Sie das Fahrzeug jedenfalls nicht zu schnell werden; wählen Sie einen kleinen Gang – auch bei Automatik. Und – suchen Sie im Ernstfall die passende Lücke, den Notausgang. Das kann ein abgehender Feldweg sein, die leichte Böschung rechts am Fahrbahnrand, der Schneewall oder auch ein hoher Bordstein. Wird hier das Fahrzeug vergleichsweise sachte „angelehnt“, ist dies immer noch besser, als heftig mit dem Vordermann oder gar mit dem Gegenverkehr zu kollidieren. Anschließend aber unbedingt Reifen, Felge und womöglich die Achsgeometrie prüfen.
… auf Glatteis?
Eis um den Gefrierpunkt ist fatal. Die Reifen-Reibung geht stramm gegen Null, Bremswege wachsen ins Unermessliche, Seitenführung in Kurven bleibt ein frommer Wunsch. Sehr kaltes Eis hingegen kann schon wieder griffig werden. Im Prinzip gelten die gleichen Tipps wie auf Schneeoberflächen, nur dass die Grenzen deutlich früher aufgezeigt werden. Schritt-Tempo und ein erheblicher Abstand zum Vordermann sind das Gebot der Stunde.
Weitere Informationen finden Sie im praktischen Winter-Ratgeber der GTÜ.
Stuttgart, den 08. November 2013
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=== Fahren im Winter (Bild) ===
Winterreifen haben bei Schneeglätte einen entscheidenden Vorteil gegenüber Sommerreifen: die feine Lamellierung der Lauffläche, die bei solchen Verhältnissen für die bestmögliche Haftung sorgt. Dies bedeutet sowohl bessere Traktion, Seitenkraftübertragung und vor allem einen eindeutig kürzeren Bremsweg im Vergleich zum Sommerreifen.
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Hans-Jürgen Götz
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